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Lange war J.D. nicht mehr in der Heimat. Er stammt aus eher einfachen Verhältnissen und hat es trotzdem zum Jura-Studium geschafft. Kurz vor einem wichtigen Vorstellungsgespräch erhält er jedoch eine Hiobsbotschaft und muss kurzerhand zu seiner Mutter reisen. Innerhalb eines Tages kommen unliebsame Erinnerungen aus etlichen Jahren hoch…

Fazit

Das Filmjahr 2020 befindet sich im Endspurt und war bisher eher durchwachsen. Wenn ein Titel mich jedoch mehr als positiv überrascht und nachhaltig beeindruckt hat, dann war es dieses Drama hier. Die Inhaltsangabe von „Hillbilly-Elegie“ mag sich zunächst relativ unspektakulär anhören, doch der Streifen hat es gewaltig in sich.

Die Geschichte orientiert sich an wahren Begebenheiten und ist vielleicht auch deshalb so greifbar. Durch seine genialen Darsteller kann man sich erstklassig in die gezeigten Figuren hineinversetzen und deren Emotionen zutiefst begreifen. Dabei wurde jede noch so kleine Nebenrolle sorgsam besetzt und wirklich JEDER macht seine Arbeit hervorragend. Die Ähnlichkeit zu ihren realen Vorbildern (sind im Abspann zu sehen) ist verblüffend und sorgt im Nachhinein für kleine Schmunzler.

Die Handlung packt bereits nach wenigen Minuten und behält ihren Reiz bis zum durchaus versöhnlichen Ende bei. Das Auf- und Ab der Gefühle schlägt trotz mancher unangenehmer Situation nicht zu sehr auf das Gemüt und kleinere Lichtblicke wecken immer eine gewisse Hoffnung – auch beim Betrachter. Die Lage scheint immer wieder verfahren, doch die tapferen Pfeiler lassen sich nicht unterkriegen.

Ron Howard („A Beautiful Mind“, „Rush“, „Im Herzen der See“) fing das Geschehen mit tollen Bildern und viel Fingerspitzengefühl ein. Die Kamera verstärkt mit wilden Fahrten oder wackeligen Aufnahmen gekonnt die jeweilige Situation und alles ist auf den Punkt abgestimmt. Hier spürt man die erfahrene Hand des Regisseurs, die zudem mit viel Bedacht einen nicht ganz chronologischen Ablauf skizzierte. Der Film springt immer wieder zwischen den Zeiten hin und her und trotzdem verliert man nicht den Überblick. Man begreift immer direkt, an welcher Stelle wir uns befinden und sind sofort wieder auf dem aktuellen Stand der Dinge.

Neben den grandiosen Leistungen von Amy Adams, Glenn Close und Konsorten, möchte ich allerdings auch die Set-Gestalter loben. Zu jeder präsentierten Epoche gibt es nicht nur den passenden Kleidungs- und Schminkstil, sondern auch die passende Ausstattung – was Technik (Spielkonsolen) oder auch Dekoration (Filmposter) betrifft. Die Liebe zum Detail ist unglaublich und wäre im Grunde in dieser Form überhaupt nicht nötig gewesen, um die Identifikation greifbarer zu machen. Einfach bemerkenswert und keineswegs selbstverständlich.

Wieder einmal kann ich mich bei „Netflix“ nur bedanken. „Hillbilly-Elegie“ ist sicherlich keine millionenschwere Actionproduktion – vielmehr ein nachdenkliches Familiendrama mit Herz und Verstand, doch das Anschauen lohnt auf alle Fälle. Es schildert eindringlich das Leben in schwierigen Verhältnissen bzw. die Anstrengungen etwas Besseres aus sich zu machen und dabei fortwährend gegen Vorurteile ankämpfen zu müssen. Hier wurden sämtliche Komponente perfekt aufeinander abgestimmt und das Ergebnis fasziniert in jeder Hinsicht.

Sicherlich kein Film für „mal eben Zwischendurch“, aber ein fulminantes Ereignis, auf das man sich in ruhiger Minute unbedingt einlassen sollte. Howard hat erneut großes Kino abgeliefert und festigt seinen Ruf als Ausnahmetalent mit Gespür für kraftvolle Inszenierung.

9/10

Fotocopyright: Netflix